Aktie: Teamviewer | ISIN: DE000A2YN900 | Analysedatum: 01.10.2021

Teamviewer Aktie – zwischen Bangen und Hoffen

Teamviewer erschien erstmals im Jahr 2005 und ist seither für den Einsatz bei nicht-kommerziellen Anwendern gebührenfrei. Dies verhalf der Software-Lösung von Anfang an zu großer Beliebtheit. Firmensitz von Teamviewer ist ca. 40 KM von Stuttgart in Göppingen. Der Börsengang erfolgte im Herbst 2019 zum Ausgabepreis von 26,25 EURO je Aktie. Die Fernwartungssoftware wurde in den vergangenen Jahren immer mehr für den Einsatz in größeren Betrieben optimiert. Der Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzende Oliver Steil ist bei so manchem Aktionär umstritten. Er wechselte Anfang 2018 vom britischen Finanzinvestor Permira zu Teamviewer. Der Verdienst von rund 70,7 Millionen Euro im Jahr 2020 machte Steil zu bestbezahltesten Manager Deutschlands. Zum Vergleich – der CEO der Deutschen Post Frank Appel verdiente rund 10 Millionen Euro. Die Gründung von Teamviewer geht auf Tilo Rossmanith zurück der Teamviewer 2009 an die GFI Software SA verkaufte.

Rossmanith vertrat im Gegensatz zu anderen Tech-Startups z.B. aus dem Silicon Valley die Meinung, dass ein Unternehmen aus eigener Kraft heraus wachsen sollte. Das sogenannte „Skalieren“ – also das gesamte Geld in weiteres Wachstum stecken und sich aus dem Verkauf von Unternehmensanteilen finanzieren wie das beispielsweise Firmen wie Tesla, Facebook oder Airbnb in der Anfangsphase machten war nicht die Grundidee. Teamviewer erweiterte Stück für Stück die Angebotspalette rund ums Screensharing. Mit dieser Bodenständigkeit wäre Teamviewer wohl heute nicht in 200 Ländern vertreten und hätte ca. 1470 Mitarbeiter, daher war der Einstieg von Permira aus jetziger Sicht richtig.

Teamviewer und das Private Equitiy Unternehmen Permira

Der britische Finanzinvestor Permira investierte vor 7 Jahren (2014) frühzeitig in Teamviewer einen Betrag von etwa 870 Millionen Euro. Permira brachte Teamviewer auch 2019 an die Börse und verkaufte 2020 auf dem Höhepunkt der Corona-Krise – in welcher die Teamviewer Aktie von Rekord zu Rekord eilte – große Aktienpakete im Wert von 5,5 Milliarden Euro. Eines der rentabelsten Investitionen aller Zeiten für Permira. Der Verkaufspreis für die Teamviewer Aktie lag um die 44 Euro.

Nichtsdestotrotz war der Einstieg von Permira fĂĽr das noch junge Startup wichtig. Permira hat ein professionelles Management etabliert, Strukturen geschaffen und die Grundlage fĂĽr zukĂĽnftigen Erfolg in Sachen Monetarisierung gelegt.

Aktionärsstruktur Teamviewer

Permira hält noch immer knapp 20%. Aktionärsstruktur Teamviewer am 01.10.2021

Teamviewer tätigte mit dem Einstieg bei Ubimax seine erste Aquisition

Kurz nach dem Börsengang 2019 tätigte Teamviewer mit dem Kauf des Startups Ubimax aus Bremen im Jahr 2020 seine erste Aquisition. Die Marke Ubimax verschwand durch die Fusion und wurde in Teamviewer FRONTLINE umbenannt. FRONTLINE ist eine Augmented-Reality Plattform die die Mitarbeitereffizienz stark vereinfacht.

Teamviewer Frontline

Teamviewer Frontline – AR Lösungen. Quelle Teamviewer

FRONTLINE soll den Mitarbeiter sprichwörtlich „vernetzen“ und so eine Revolution schaffen wie es in den 90er Jahren Microsoft Office in Büros schaffte. FRONTLINE ist nach Angaben von Teamviewer die weltweit erste Plattform, die die Belegschaft komplett vernetzen kann.

Anwendungsbeispiele von FRONTLINE:

  • Der Frontline-Creator ist die Backend Plattform. Hier können Workflows fĂĽr Mitarbeiter erstellt werden
  • Im Frontline Command Center können Schicht- oder Teamleiter Erfolgskennzahlen auswerten und direkt mit den Mitarbeitern kommunizieren z.B. ĂĽber eine Datenbrille oder einen Audio- oder Videoanruf.
  • Der Frontline Workplace stellt die technische Lösung auf Seiten des Mitarbeiters dar. Anhand von Smart-Glasses, Smartwatches oder Tablets wird der einzelne Mitarbeiter bei seiner Tätigkeit zentral unterstĂĽtzt.

Ein Lösungsbeispiel wurde bei SIEMENS umgesetzt. Anhand des PDF ist dies dargestellt.
Siemens Teamviewer.pdfPDF herunterladen • 1.04MB

Im Rahmen von Frontline gibt es aktuell etliche Forschungsprojekte wie und wo man AR einsetzen kann. Die Universität Bremen hat in Verbindung mit Teamviewer und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ein Projekt gestartet, das bis 31.12.2022 unter dem Namen Knowledge4Retail läuft. Beispielhaft werden hier vier Anwendungsfälle ausgearbeitet und getestet wie der optimale Filialaufbau, intelligente Kühlschränke, Serviceroboter und intelligente Logistik. Hierdurch könnten zukünftig deutliche Optimierungen der Warensortimente, der Produktplatzierungen sowie kundenorientierte Shoppingapps entstehen.

Ein weiteres Projekt ist der „digitale Engel“ – in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut. Ich habe davon auf Finanzportal News gelesen. Ziel ist es Pflegekräfte zu unterstützen und bei der täglichen Arbeit zu entlasten. Die tägliche Emotions- und Gefühlsarbeit, die den Job nicht unbedingt attraktiv macht, soll durch den Einsatz von Assistenzsystemen erleichtert werden. Behandlungspläne, Patientendaten und Status können über eine Smartwatch oder Datenbrille abgerufen werden.

Software-Lösungen von Teamviewer:

Teamviewer stellte im Zuge der Ausrichtung auf größere Betriebe die TENSOR Variante vor. TENSOR ist eine Cloud Plattform für den Remote-Zugriff. Unternehmen können von überall aus auf Maschinen (Industrieroboter etc), Anwendungen und PC-Systeme zugreifen. Nach Angaben von Teamviewer wird die TENSOR Lösung von der weltweit größten Remote-Konnektivitäts-Infrastruktur mit Zufgriff auf 2.5 Milliarden Geräten weltweit angetrieben. TENSOR wird in Form eines SaaS (Software as a Service) Vertriebsmodells angeboten und die Nutzung erfolgt auf Abonnementbasis. TENSOR findet in den Bereichen IT Support, Kunden-Support, Remote Work oder Remote Zugriff zur Servern Anwendung. Laut Firmenangaben sind derzeit etwas mehr als 1.400 Enterprise Kunden unter Vertrag sowie 530.000 Abonnenten.

Auftragslage Teamviewer Aktie

Einige größere Deals aus dem Q2/2021 mit Enterprise Kunden. Quelle Teamviewer

Einige größere Deals aus dem Q2/2021. Unter Anderem ging Teamviewer im Juni 2021 eine Partnerschaft mit SAP ein. Der Vertrag beinhaltet die Integration von FRONTLINE ins SAP Angebot.

Teamviewer Aktie – Anleger verlieren das Vertrauen

Seit Teamviewer am 19. März 2021 bekanntgab, dass man für 5 Jahre einen Sponsoringvertrag mit Manchester United abgeschlossen hat, geht es mit der Teamviewer Aktie steil bergab. Im Zuge des Vertrages betonte der CEO Steil, dass man die Markenbekanntheit von Teamviewer ausbauen möchte. Dazu wird das Logo sowohl auf dem Trikot der Herren- als auch der Damenmannschaft zu sehen sein. Manchester ist der beliebteste Fußballclub weltweit und hat eine Community aus 1,1 Milliarden Fans und Anhängern. Der Deal kostet Teamviewer 46 Millionen Euro pro Jahr.

Leider kappte Teamviewer auch die Unternehmensprognosen aufgrund der hierdurch steigenden Marketingausgaben. Für 2021 rechnete man mit einer EBITDA Marge von 47% im ersten Halbjahr, sowie lt. Geschäftsbericht Q2/2021 mit einer Prognose von ca. 55% im zweiten Halbjahr 2021. Die Billings (fakturierte Umsätze) stiegen im Q2-2021 um 18%. Dies lag unterhalb der eigenen Prognosen von 20%. Zudem musste man sich eingestehen, dass das Volumen von Vertragsverlängerungen aus 2020 abgeschlossenen Verträgen während des Lockdown in den Monaten April und Mai 2020 niedriger war als erwartet. Dennoch konnte Teamviewer die Zahl der Abonnenten auf 623.000 erhöhen was einem Anstieg von 17% entsprach.

2 Jahreschart Teamviewer

2 Jahreschart Teamviewer. Quelle Traderfox

Zusammenfassung aktuelle Situation:

Die Billings für 2021 werden wohl eher das untere Ende der angestrebten Unternehmensziele erreichen. Um die Ziele für 2021 zu erreichen sind in Q3 und Q4-2021 Umsätze von ca. 316 Mio Euro nötig. Dies würde – so sieht es auch Warburg Research – ein Plus von 35% gegenüber dem Vorjahr sowie 18% gegenüber dem Q2-2021 bedeuten.

Warburg stufte die Teamviewer Aktie nach Abschluss der Einschätzung mit einem Kursziel von 44 Euro und „buy“ ein (27.09.2021).

Analyse des Bankhauses Metzler vom 24.09.2021:

Metzler attestierte Teamviewer eine attraktive Kombi aus zweistelligem Umsatzwachstum und hoher Profitabilität. Der Kursabschlag zur Konkurrenz sei mit mehr als 40% zu hoch so das Bankhaus. Metzeler stufte Teamviewer am 24.09.2021 mit 35 Euro und „buy“ ein.

Wie ist die Aktie von Teamviewer bewertet:

Für das Gesamtjahr von 2021 konnte ich folgende Schätzungen finden:

Aktienanzahl: 201.070.928 Aktien

Quelle Morningstar & Marketscreener:

Umsatz 2021e: 525,42 Mio €

Gewinn je Aktie 2021e: 0,73 € (lt. meiner Recherche falsch !)

Umsatz 2022e: 671,99 Mio €

Gewinn je Aktie 2022e: 0,98 €

Gewinn je Aktie 2021 Teamviewer

Gewinn je Aktie 2021 sollte zwischen 0,38 und 0,42 € liegen. Quelle Aktieninvestor

Allerdings konnte Teamviewer vom 01.01. – 30.06.2021 nur 0,21 € je Aktie Gewinn erwirtschaften. Es dürfte äußerst schwierig werden im zweiten Halbjahr noch auf 0,73 € Gewinn je Aktie zu kommen. Ich gehe persönlich davon aus, dass der Gewinn je Aktie in 2021 zwischen 0,38 und 0,42 Cente je Aktie liegt.

Dies entspräche einem aktuellen KGV der Teamviewer Aktie von (26 € Aktienkurs / 0,40 € Gewinn je Aktie) = 65

Teamviewer bis 2023

Ausblick bis 2023. Ăśber 1 MRD Euro Umsatz geplant. Quelle Teamviewer

Laut Unternehmensangaben sollten die Umsätze bis 2023 auf über 1 MRD Euro ansteigen. Insbesondere durch den Markenaufbau, das Sponsoring von Manchester United und dem Mercedes Benz Formel 1 Team sowie der fortgeschrittene Einsatz von Augmented Reality Lösungen.

Cashflow Teamviewer

Cashflow Teamviewer erstes Halbjahr 2021. Ordentliche Zunahme. Quelle Teamviewer

Der Cashflow nahm im ersten Halbjahr 2021 deutlich zu und betrug lt. obiger Grafik aus den Investor-Relations Seiten insgesamt 466.57 Mio Euro.

Insgesamt ist positiv zu sehen, dass Teamviewer deutlich mehr Cashflow generieren konnte.

Wie hoch ist Teamviewer verschuldet ?

Gesamtverschuldung 30.06.211,22 MRD €
Gesamtvermögen 30.06.21287,4 Mio €
​​
Eigenkapitalquote 30.06.2123%

Teamviewer hat Schulden in Höhe von 1,22 MRD € und ein Eigenkapital von 287 Mio Euro. Somit beträgt die Eigenkapitalquote 23%.

Fazit Teamviewer Aktienanalyse

  • Lösungen wie FRONTLINE und TENSOR bieten enormes Potential im Geschäft mit Enterprise Kunden
  • Das in vielen Finanzportalen prognostizierte Ergebnis von 0,73 € je Aktie fĂĽr 2021 ist nicht richtig. Das Ergebnis je Aktie in Q1 + Q2/2021 betrug summiert 0,21 €. Wie erwähnt ist davon auszugehen, dass das Ergebnis zwischen 0,38 € und 0,42 € fĂĽr 2021 liegt.
  • Permira hält noch knapp 20% der Anteile. Bei einem aktuell niedrigen Aktienkurs wird Permira mit höher Wahrscheinlichkeit nicht verkaufen. Somit sollte nicht zu befĂĽrchten sein, dass etliche Aktien in Umlauf kommen
  • Ich gehe auch nicht davon aus, dass man 2023 Billings von ĂĽber 1 MRD Euro erzielen kann. Verschiedene Finanzportale sehen Teamviewer frĂĽhestens 2024 bei einem Umsatz von > 1 MRD €.
  • Trotz der Tatsache, dass von 15 Analysten am 01.10.201 insgesamt 13 die Aktie auf „buy“ einstufen wäre ich beim kurzfristigen Timing etwas vorsichtig. Die Aktie ist in einem starken Abwärtstrend. Wer kurzfristig keine Verluste aussitzen kann, sollte derzeit warten
  • Mittelfristig könnte auf Sicht von 3 – 5 Jahren die Wette aufgehen. Die Technologien sind interessant und könnten unseren Arbeitsalltag revolutionieren

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Disclaimer: Der Autor hält zum Analysezeitpunkt Aktien dieses Unternehmens. Alle Aktienanalysen sind weder Kauf- noch Verkaufsempfehlungen sondern redaktioneller Text. Keine Haftung für Irrtümer sowie Richtigkeit der Angaben.

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